Die Kollekte
Theologie der Kollekte
Christinnen und Christen handeln aus ihrem Glauben heraus. Im Gottesdienst steht dafür auch die Kollekte. Sie zeigt die Verbindung von Verkündigung und praktischer Nächstenliebe als unauflösbare Einheit auf. Mit ihr antwortet die Gemeinde im Gottesdienst dankbar auf das Hören des Evangeliums, also auf Gottes Zuwendung zu den Menschen. Zugleich ist die Kollekte ein Zeichen dafür, dass Christinnen und Christen für Bedürftige in der Nähe und in der Ferne einstehen. Damit ist sie auch ein Zeichen der christlichen Gemeinschaft, vor Ort, in Norddeutschland und weltweit. Die Kollekte zeigt also im Gottesdienst die diakonische und gemeinschaftliche Dimension christlichen Lebens auf.
Geld- und Sachgaben im kultischen Zusammenhang sind bereits biblisch bezeugt. So wird im Alten Testament von der Aufforderung berichtet, Gaben unterschiedlicher Art an das Heiligtum, den Tempel, zu geben (Exodus 25,2-7). In 2. Könige 22,4-7 – wohl eine Szene aus dem Jahr 622 v. Chr. – wird von einer Sammlung durch die „Schwellenhüter“ am Jerusalemer Tempel berichtet, die dem Unterhalt des Gebäudes dient. In neutestamentlicher Zeit fordert Paulus die Gemeinde in Korinth auf, für die Gemeinde in Jerusalem zu sammeln und zwar im Sonntagsgottesdienst (1. Korinther 16,1-4, die so genannte Jerusalem-Kollekte). Dieses solidarische Zeichen ist zugleich ein sichtbares Zeichen für die Gemeinschaft, die sich über die lokalen Grenzen hinaus zeigt. Die Kollekte steht somit für die Einheit der frühen Gemeinden. Sie ist für Paulus zudem dankbarer Ausdruck des Reichtums des Einzelnen, den er oder sie „im Glaube und im Wort und in der Erkenntnis und in allem Eifer und in der Liebe“ empfangen hat (vgl. 2. Korinther 8,1-9).
Im Laufe der Kirchengeschichte wurde der Zusammenhang von Kollekte und Gottesdienst beibehalten. Sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche werden die Gemeindeglieder aufgefordert, durch zumutbare Gaben und Beiträge den Dienst der Kirche mitzutragen. Dazu dient in unserer Kirche vor allem die Kirchensteuer, mit der die laufende Arbeit der Kirche finanziert wird. Aber auch die Bereitschaft im Gottesdienst zur Kollekte beizutragen, wie es weltweit in den christlichen Kirchen praktiziert wird, ist eine Form dieser Unterstützung.
Anknüpfend an den Motivationsgrund der Jerusalem-Kollekte steht auch heute der solidarische und diakonische Gedanke im Vordergrund, wenn mit der Kollekte für andere Menschen, Gruppen, Projekte und Gemeinden gesammelt wird.
Die Kollekte im Gottesdienst
Für einige Menschen mag es befremdlich sein, wenn im Gottesdienst Geld gesammelt wird. Wenn aber der Kollektenzweck so ausgewählt wird, dass ihre diakonische und gemeinschaftliche Dimension deutlich wird, sie zudem achtungsvoll abgekündigt und schließlich mit Dank- und Fürbittengebeten ergänzt wird, dann wird auch dem Gottesdienstteilnehmenden deutlich: die Kollekte ist mehr als nur ein scheinbar profanes Geldsammeln.
Die Kollekte ist ein unverrückbarer Teil der Liturgie eines Gottesdienstes. Sie hat ihren festen Ort am Ende des Verkündigungsteils bevor der Gottesdienst mit dem Sendungsteil beendet wird. Vor dem Sammeln ist der Kollektenzweck abzukündigen. Nach dem Einsammeln der Kollekte kann ein Dankgebet gesprochen und das Anliegen der Kollekte im Fürbittengebet aufgenommen werden. Einzig pragmatische Gründe, wie zum Beispiel die hohe Anzahl der Gottesdienstteilnehmenden bei der Feier einer Christvesper, legen im Ausnahmefall nah, dass die Hauptkollekte am Ausgang gesammelt wird. In diesem Fall entfällt aber eine gesonderte Ausgangskollekte.
Abkündigung
Bevor die Kollekte gesammelt wird, muss der Zweck bekannt gegeben werden. Dies soll mit verständlichen und werbenden Worten geschehen. Sinnvoll ist es, dass der Ertrag der Kollekte aus dem vorherigen Gottesdienst gemeinsam mit der Abkündigung des neuen Kollektenzwecks bekannt gemacht wird. Eine mögliche persönliche Abneigung oder Distanz zum Kollektenzweck darf dabei keine Rolle spielen. Denn der einzelne Kollektenzweck steht im Zusammenhang vieler unterschiedlicher Kollektenzwecke, für die im Laufe des Jahres gesammelt wird. Gewiss sind auch in der Gemeinde die Sympathien für die Projekte verschieden verteilt.
Das Wort „Pflichtkollekte“ ist in der Abkündigung zu vermeiden, da dieser Begriff suggeriert, dass die Gottesdienstteilnehmenden eine Kollekte geben müssen. Daher wird im neuen Kollektengesetz von verbindlichen Kollekten gesprochen. Verbindlich ist dabei nur der vorgegebene Zweck. Die verbindlich vorgegebenen Zwecke drücken aus, dass Kirchengemeinden mit anderen Kirchengemeinden im Kirchenkreis, im Sprengel, in der Nordkirche und darüber hinaus zusammen Kirche sind. Verbindliche und freie Kollekte sind gleich wertvoll. In der Abkündigung sollte daher nur von Kollekte gesprochen werden, unabhängig davon, ob es im Sinne des Kollektengesetzes eine verbindliche oder freie Kollekte ist.
Ebenso soll für eine mögliche Ausgangskollekte nicht stärker geworben werden als für die Hauptkollekte. Die Gottesdienstteilnehmenden haben die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob, wie viel und für welchen Zweck sie Geld geben.
Bei Projekten, die für die Gottesdienstteilnehmenden „fern“ sind, hilft ein einleitender Satz zur Einordnung. So könnte beispielsweise eine Ökumenekollekte der Evangelischen Kirche in Deutschland wie folgt eingeleitet werden: „Wir leben unser Christsein nicht nur hier vor Ort, sondern sind mit anderen Menschen weltweit im Glauben verbunden. Als Zeichen dieser Verbundenheit sammeln wir heute für das Projekt XYZ. …“
Tipps:
- kurze und eindeutige Sätze,
- Vermeidung von Abkürzungen und Fremdwörtern,
- Verben machen das Gesagte anschaulich und lebendig,
- falls der vorgeschlagene Abkündigungstext nicht der eigenen Sprache entspricht, sollte der Kollektenzweck in eigenen Worten wiedergegeben werden.
Einsammeln
Nach der Abkündigung wird während eines Gemeindeliedes die Kollekte eingesammelt. Das ist eine gute Gelegenheit, von einem Gemeindelied viele oder sogar alle Strophen zu singen.
Zwei oder mehrere Personen beginnen in der vorderen Reihe den Klingelbeutel zu reichen. Sie achten zurückhaltend darauf, dass die Klingelbeutel nach hinten durch die Reihen wandern. Dort nehmen sie die Klingelbeutel in Empfang und gehen gemeinsam zum Altar.
Die Klingelbeutel werden durch die beiden Personen würdevoll auf den Altar gelegt oder vor dem Altar dem Liturg oder der Liturgin übergeben, der oder die dann wiederrum die Klingelbeutel auf den Altar legt.
Bei Abendmahlsgottesdiensten kann die Kollekte den Abendmahlsteil einleiten. Gemeinsam mit Brot und Wein werden die gefüllten Klingelbeutel zum Altar gebracht. Es folgt ein Gebet zur Abendmahlsbereitung.
Dankgebet
Nachdem der Klingelbeutel auf den Altar gelegt wurde, empfiehlt es sich, dass der Liturg oder die Liturgin ein Gebet zum Dankopfer spricht. Dadurch wird das Verständnis verstärkt, dass die Kollekte ein Zeichen des Dankes ist.
Das Evangelische Gottesdienstbuch schlägt drei Gebete vor:
Gepriesen seist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Dein ist alles, was wir sind und haben. Nimm dieses Zeichen unseres Dankes an zu deiner Ehre und segne sie zum Dienst der Liebe. Dir sei Ehre in Ewigkeit.
Wir danken dir, himmlischer Vater, für das Gut, das du uns anvertraust. Segne diese Gaben und verleihe uns, dass wir in der Kraft deiner Liebe dienen an unseren Brüdern und Schwestern durch Christus, unsern Herrn.
Gott, Ursprung alles Lebens, was wir bringen, haben wir von dir empfangen. Segne uns diese Gaben und gieße aus auf uns den Geist deiner unerschöpflichen Freigebigkeit, dass wir von deinen Gaben weitergeben an die Menschen, die deiner Liebe bedürfen. Lob sei dir durch Jesus Christus, unsern Herrn.
Fürbittengebet
Im Fürbittengebet wird dann konkret für die Menschen gebetet, für die die Kollekte bestimmt ist. Einige der im Online-Kollektenkatalog vorgestellten Projekte haben bereits Fürbitten formuliert.